Auslandshunde - von Ankunft bis Einzug (Teil 1)

Die Entscheidung ist gefallen. Ein neues Familienmitglied soll einziehen. Und das Tier in welches man sich verliebt hat sitzt im Ausland im Shelter und wartet nur darauf, dass es endlich seinen Platz im Zwinger gegen ein kuscheliges Körbchen oder den Platz auf der Couch eintauschen darf.

Organisation ist angeschrieben. Vorkontrolle gelaufen und die ersten Vorbereitungen für den Einzug sind getroffen. Erfahrung im Umgang mit Hunden ist bekannt. Der Ersthund ahnt von seinem neuen Glück natürlich noch nichts. Er hat ja scheinbar Geburtstag oder warum stehen so viele neue Sachen für ihn mit rum? Im Ausland werden die letzten Vorbereitungen getroffen. Tiere geimpft, gechipt, bekommen einen Ausweis und einen Schnelltest für klassische Erkrankungen wie Herzwürmer, Mittelmeerkrankheiten etc. und werden dann für den langen Transport mit vielen anderen Gleichgesinnten vorbereitet...

Ungefähr so beginnt das neue Abenteuer eines jeden Schützlings.

Ankunft in Deutschland

Der Transport kommt häufig über Nacht an den ersten "Entladestellen" an. Dort dürfen die ersten Tiere aussteigen und ihr neues Leben beginnen. Teilweise werden dort Hunde bereits an ihre Familien oder an die jeweiligen Pflegestellen übergeben. Bei uns kommt der Trapo direkt ins Tierheim. Meist eine Gruppe von ca. 8 Hunden (selten auch Katzen)beziehen hier nun 1 - 2 große Gruppenzwinger für die nächste Zeit, bis wir geeignete Interessenten für diese gefunden haben.

Unterschiede gibt es diesbezüglich natürlich zu eingeflogenen Tieren, da ich damit allerdings noch nicht zu tun hatte, befasse ich mich hier mit dem Transport per Auto.

Worauf sollte man nun alles vorbereitet sein?

Ich erkläre diesen Fall sehr gerne an einem eigentlich sehr nachvollziehbaren Beispiel:

 

>> Stellt euch vor ihr wacht in einem fremden Land auf, mit einer Sprache die ihr nicht versteht,

vor euch liegt ein Zettel mit Dingen die ihr jetzt einkaufen sollt und ihr habt keine Ahnung was euch gleich erwartet. <<

 

Na, ist da etwa ein flauer Funke von Stress auf euch rüber gesprungen? So in etwas Stelle ich mir die Situation der Tiere vor. Gekoppelt zwischen Ungewissheit und Angst (mit die schlimmsten Gefühle/Emotionen eines Tieres) und dann dem ausgesetzten Stress und dem Drang irgendwann mal wieder zu "Müssen".

Vorbereitet sollte man also darauf sein, dass das erste was der Hund machen wird entweder ein "Stressgeschäft" wird (also urinieren und koten in die Transportbox / ins Auto / in den Zwinger), teilweise auch Übersprungshandlungen, wie schnappen oder beißen, auf erste Fluchtversuche oder eben auch auf einen total erschöpften Hund.

Ich glaube wir alle können uns so ein Stück weit in diese Lage hineinversetzen. Nach einer schier endlos langen Fahrt in den Urlaub, endlich mal die Füße vertreten können ist doch ein wahrhaftig tolles Gefühl oder? Zu mal viele der Fahrten oftmals mehr als 24h betragen.

Nach der Ankunft im neuen Heim sollte man vor allem Anweisungen und Tipps des Vereins oder der Personen die die Hunde vorher betreut haben ERNST nehmen. Einige Hunde werden sich vermutlich erstmal zurückziehen oder gar nicht erst aus der Box heraus kommen. Manche erkunden vielleicht erstmal kurz ihre neue Umgebung, bevor sie dann aber alle erstmal eine Weile schlafen oder zumindest dösen werden. Wer sich mit dem Thema Hund, auch als Anfänger, bereits gut auseinander gesetzt hat wird wissen, dass die Hunde jetzt erstmal viele Mützen voll Schlaf benötigen werden, um all die Ereignisse verarbeiten zu können.

Wie erleichtere ich die Eingewöhnungsphase?

Vorausplanung ist der beste Weg um einen entspannten Start zu erwischen. Gerade auch bei Mensch-Hund-Teams mit Ersthund, kann auch zu Beginn schon viel falsch gemacht werden und erste Probleme entstehen gleich zu Beginn. Ich möchte hier nun auf ein paar Tipps im Allgemeinen eingehen, um den Start so einfach wie möglich zu gestalten, hierbei kann man einiges natürlich auch auf alle anderen Hunde miteinbeziehen. (Welpen, Second-Hand-Hunde,...)

1. Vorbereitung ist die halbe Miete.

Sobald feststeht, welcher Schützling bei euch einzieht, sollte reger Kontakt zu den verantwortlichen Pflegern/Organisation/Pflegefamilien herrschen. So kann bereits in Erfahrung gebracht werden, wie der Charakter des Hundes in etwa aussieht oder ob er bereits irgendwelche Verhaltensauffälligkeiten zeigt.

(Manche Hunde aus dem Ausland sind ängstlich/menschenscheu - diese Hunde gehören in erfahrene Hände!!!)

2. Grenzen, Regeln und Routinen schaffen Sicherheit

Sicherheit ist das oberste Gut unserer 4-Beiner. Ein Hund der sich nicht sicher fühlt, wird sich an seinem Rückzugsort verkriechen, ggf. nur in der Nacht herauskommen, das Essen verweigern und im äußersten Fall, sein Geschäft auch Widerwillen unter sich hinterlassen.

Es ist daher ein einfaches vor dem Einzug eine Liste gemeinsam mit allen Haushaltsmitgliedern zu erstellen und auf die Bedürfnisse von euch und die des Hundes zu zu schneiden.

(Kompromisse sollten dabei in Erwägung gezogen werden!)

Gerne kann ich dazu eine Hilfs-Liste HIER verlinken, sobald diese fertig gestellt ist.

3. In Ruhe ankommen lassen

Leider ist es heutzutage immer noch Gang und Gebe, dass der Hund sobald er angekommen ist, auch schon die ersten Trainingserfahrungen wortwörtlich ERLEIDEN muss.

Viel dem Euphorismus und der Motivation des Menschen geschuldet, der natürlich von Anfang an alles richtig machen möchte. Was ja wiederum kein schlechter Grundgedanke ist. Hierbei wird leider alles voran geschriebene vergessen.

Jeder Hund ist ANDERS. Jeder Hund hat seinen eigenen CHARAKTER. Und jeder Hund verarbeitet Dinge in SEINEM TEMPO. Hier gibt es leider noch viel zu oft die Rangelei der Vergleiche mit anderen Mensch-Hund-Teams. Jeder möchte irgendwie mehr können als der Andere. Anstatt stolz auf das zu sein, was man mit seinem eigenen 4-Beiner bisher erreicht wurde. Damit möchte ich keines Falls Vergleiche schlecht reden. Irgendwo bieten sie auch Platz für neue Ideen oder Herangehensweisen, aber eben nur solange jeder in seinem Tempo arbeitet.

Wo der eine Hund eben schon "perfekt" Sitz und Bleib beherrscht, läuft der Andere unterdessen vielleicht 1-A an der Leine, wovon die Anderen wiederum noch weit entfernt sind.

Alles in allem sollte jeder auf seinen eigenen Hund schauen. Der Hund zeigt, wenn er für weitere Schritte bereit ist.

 

Chace ist nun knapp 8 Monate bei mir. Bisher klappt der Rückruf, Sitz und Bleib und die Leinenführigkeit ist auch in Ordnung. Hier und da eine kleine Trainingseinheit, aber ansonsten merke ich erst jetzt, dass er wirklich langsam auftaut, Selbstsicherer wird und vor allem der ein oder andere Knoten platzt. Und das ist vollkommen in Ordnung so. Das alles haben wir ohne Zwang erreicht und ich habe ihm die Zeit gelassen, die er eben benötigt.

 

 


4. Alles hat seine Ordnung!

Was meine ich damit? Im Punkt 2 wurden klare Regeln aufgestellt.

Zur Erleichterung der Eingewöhnungsphase sollten noch ein paar letzte Dinge genannt werden.

Praktisch ist immer eine Box als sicheren Rückzugsort bereits vor Ort zu haben oder ggf. den Hund samt Box aus dem Auto zu holen, die Box an ihren dafür vorgesehenen RUHIGEN Platz zu stellen, diese zu öffnen und den Hund selbst entscheiden zu lassen. Futter- und Wassernapf sollten ihren festen Platz haben. Panikgeschirr und ggf. eine dünne Hausleine sollten AM HUND DRAN bleiben. Türen und Fenster geschlossen halten.

Eine dünne Hausleine? Diese dient dazu den Hund nicht jedes mal bedrängen zu müssen, wenn es mal eben kurz rausgeht. Genauso dient sie dazu, dass falls der Hund entwichen sollte, ihn so notfalls noch an der Leine daran zu hindern. Außerdem gewöhnt sich der Hund so an das Gewicht und das Tragen von Geschirr und Leine.

5. Aller guten Dinge sind 5

Nun nur noch einen letzten Tipp. Die ersten Tage und Wochen sollte der Hund nicht mehr, wie den eigenen Garten oder die "Runde um den Block" kennenlernen. Falls er entwichen sollte, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er auf dieser Route bleibt oder zumindest in der Nähe davon.

Und als erste Nothilfe, falls es zur gelungenen Flucht kommt:

  • KEINE PANIK schieben!
  • Einen kühlen Kopf bewahren und KEINE selbstständigen Einfangversuche wagen. Im schlimmsten Fall wird der Hund damit vertrieben!
  • Meldet euch SOFORT bei der zuständigen Person/dem Verein, von welcher ihr den Hund erhalten habt. NIEMAND wird euch den Kopf abreißen, aber diese Leute haben schnelle Kontakte zu erfahrenen Sicherungsteams.
  • Die ersten 24h sind hier nämlich durchaus entscheidend!

Da dies ein großes komplexes Thema für sich ist, folgt genaueres irgendwann an anderer Stelle.

 

Schlusswort TEIL 1 der Reihe

Ihr seht, das Thema Auslandshunde ist durchaus sehr komplex gestrickt. Und ja, die Anschaffung eines Tieres bedarf immer einiges an Überlegungen. Bei den einen mehr, bei den anderen weniger. Auf jeden Fall lasst gesagt sein:

Mit jedem neuen Tag wächst Mensch und Tier an seinen Aufgaben. Mit jedem neuen Tag geht es einige Schritte vorwärts und einige zurück. Mit jedem neuen Tag beginnt ein neues Abenteuer und mit jedem neuen Tag sollte man den Glauben nicht daran verlieren, dass ALLES möglich ist und JEDE Hürde zu überwinden geht.

Einen solchen Hund nach seiner Ankunft zeitnah wieder als VERLOREN hin zu stellen, kann auch jedem anderen Tier das Genick brechen. Also bitte überlegt euch genau vor der Anschaffung von welcher Organisation ihr euch Hunde anschafft. Habt ihr eingeplant, dass es zu Komplikationen bzgl. Gesundheit und Verhalten kommen kann? Und habt ihr wirklich die Zeit, die Geduld und die Konsequenz stets am Ball zu bleiben? Einen Hund aus dem Ausland zu "befreien" ist das eine. Einen Auslandshund wirklich zu RETTEN das Andere!